Boughton Haus zeigt heute etwa fünf Entwicklungsperioden der gestalteten Landschaft auf. Außerhalb der Parkmauern befindet sich im Norden ein Jagdstern, heute mit Sitz und Gebäuden des Park Rangers, der auf das 16. Jahrhundert verweist.
Zwischen der Sternmitte, Boughton Haus und dann nach Süden weiter fortgeführt ist eine Achse und Allee mit annähernder Nord-Süd-Ausrichtung angelegt. Sie geht zurück auf die Zeit des ersten Baron Montagu im frühen 17.Jahrhundert. Parallelen zu Hatfield House sind hier erkennbar. Dass diese Achse bereits vorher bestanden haben muss, zeigt die Unterbrechung mit den Küchengärten an der Südseite des Hauses. Die Neugestaltungen zwischen 1685 und 1709 veränderten die Ausrichtung der Anlage und orientierten sie an der Topographie in Richtung Westen. Die Pläne davon zeigen klar eine hochbarocke Anlage mit detaillierten Parterres, Broderien und Fontaines. Der Große Kanal war als typische Wasserachse von einem holländischen Ingenieur entwickelt worden. Der zweite Duke von Montagu engagierte den Landschaftsgestalter Charles Bridgeman und entwickelte die Anlage weiter. Der Plan von 1746 zeigt eine größere quadratische Wasserfläche im Großen Kanal, große Rasenflächen ohne jegliche Dekoration sowie gerade Achsen und Alleen im südlichen Parkbereich. Eine Mauer, Bastionspunkte zur Aussicht und Aufforstungsflächen im Südbereich sind kennzeichnende Beispiele für den Forest Stil, oder auch – Englischer Barock genannt. Ein klarer Wechsel in der Gestaltung der Anlage von überladenen und verspielten zu schlichten und geraden Formen mit einer gleichzeitigen Verstärkung des Landschafts- und Wirtschaftsbezugs ist hier deutlich zu erkennen. Diese Veränderung spiegelt die gesellschaftliche Entwicklung und Abwendung vom luxuriösen höfischen Leben wieder. Kurze Zeit später fiel der Ort für 150 Jahre in die Bedeutungslosigkeit. Allein dadurch ist die Gestaltung der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts so einmalig erhalten geblieben.
Bestehende Anlage und aktuelle Bewirtschaftung
Das Anwesen ist seit je her im Eigentum derselben Familie. In den 1970er Jahren wurde das Projekt einer langfristigen Restaurierung gestartet. Das Jahr 2004 war in diesem Zuge für die gestaltete Landschaft ein wichtiger Zeitpunkt, da der Management Plan für langfristige Rekonstruktion fertig gestellt war. In großem Maßstab starteten die Arbeiten in 2006. Der Große Kanal wurde von jahrzehntelanger Verlandung befreit und erhielt wieder eine exakte Einfassung. Mit einer Vielzahl an Einzelschritten setzt sich diese Rekonstruktion bis 2028 fort. Die Ausführungen erfolgen hauptsächlich in den Wintermonaten. Ziel ist, die Landschaft mit Hilfe des überkommenen Bestandes auf die Qualität von 1749 zurück zu führen. Diese Rückführung ist, insbesondere für so ein außerordentliches Beispiel, erstrebenswert und die Größe des vorhandenen Raumes lässt die Möglichkeit für sensible zeitgenössische Ergänzung. Landschaftsarchitekt Kim Wilkie hat Ende 2009 mit dem Projekt Orpheus eine solche gefunden. In erfrischender Weise schaffte er – als Antwort auf den von Bridgeman geschaffenen „Mount“ auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals – ein Rasenloch mit einem Spiegel aus Wasser am Boden. Diese Transformation ist typisch postmodern und die quadratische Fläche wird mit einem korrespondierenden organischen Zeichen in Sandstein und einem Edelstahlwürfel ergänzt.
Die Rekonstruktion und Pflege der Anlage ist als privat und effizient organisiert zu bezeichnen und ist angebunden an den umgebenen Landwirtschaftsbetrieb. Der formal gestaltete Parkbereich umfasst etwa 50 Hektar Fläche, wird von vier Gärtnern bewirtschaftet und über den Sommer durch ein bis zwei Studenten unterstützt. Eingeschlossen ist ein kleinerer Blumen und Küchengarten sowie private Gartenflächen. Das Verhältnis von Arbeitskräften zu bewirtschafteter Fläche ist gerade bei einem Forest Stil Garden nicht überraschend, da außerdem einige Leistungen fremdvergeben werden, z.B. das Rasendüngen.